Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

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Perry Clifton
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Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Ein Thema, das mir schon länger im Kopf herumgeht, nicht nur was Kinder- und Jugendbücher angeht, aber besonders auch in diesen seit einiger Zeit häufig erkennbar ist: Die Heldenfiguren werden implizit oder explizit kritisiert, demoralisiert, dekonstruiert, ihnen wird die Grundlage genommen, auf der sie funktionieren, sie werden relativiert und klein gemacht. Demgegenüber werden immer deutlicher "nachvollziehbare Motive" (um nicht zu sagen Entschuldigungen) für die Verbrecher aufgezeigt, so dass oft diese zum Schluss als die eigentlichen Sympathieträger dastehen sollen.

Das bezieht sich sowohl auf die Geschichten selbst, als auch auf die Diskussionen darüber z.B. in Internetforen. Dem "Mythos des Helden" wird zunehmend misstraut, während der Antagonist nie "böse" ist, sondern oft ein Opfer der Umstände und eigentlich doch ein ganz prima Kerl. Das ist eindeutig der Zeitgeist, in dem wir uns seit 10(?) Jahren bewegen, das kann man ganz neutral und wertungsfrei feststellen. Denn es geht nicht um Einzelfälle, sondern es sind wiederkehrende Motive, die immer wieder auftauchen und besonders dort deutlich werden, wo alte Helden von früher heute noch funktionieren sollen, weil eine Serie z.B. über 200 Folgen erreicht hat.

Man kann hier nun verschiedene Standpunkte einnehmen: Ist ein einfaches Gut-Böse-Schema zu simpel? Ist es andersherum nicht genau das, was gerade Kinderbücher eigentlich ausmacht? Wie weit kann man das eine oder das andere jeweils treiben, bevor es zuviel wird? Holzschnittartige Charaktere oder doch effektives Storytelling? Absoluter Realismus oder gesunder Eskapismus in Kinderbüchern? Realität oder Fantasie?

Aber wovon rede ich konkret?

Beispiel: Die drei Fragezeichen. Justus Jonas war lange Zeit die archetypische Heldenfigur. Der kleine Dicke mit ein paar Macken, der gleichzeitig extrem intelligent war und die Verbrecher überlistet hat. Seine Kollegen standen hinter ihm, vertrauten ihm (von gelegentlichen Frotzeleien abgesehen, wie sie unter Freunden eben normal sind) und am Ende stand er als Held da, indem er die Verbrecher überführen konnte. Natürlich mit Hilfe seiner Freunde. Der Archetyp des dicken, intelligenten Jungen kommt auch z.B. bei Enid Blyton vor (Find-Outers/Spürnasen) und auch in anderen Serien. Es ist also etwas, was lange Zeit beliebt und erfolgreich war, heute allerdings anscheinend sehr kritisch gesehen wird.

Denn heute... wo fange ich an? Ich kann die einzelnen Erwähnungen in Podcasts gar nicht mehr zählen, in denen Leute sagten: "Ich hasse Justus Jonas!" "Er geht mir so auf die Nerven!" "Diese elend langen Justus-Monologe immer!" "Er ist so ein Klugscheißer!" "Er ist so unerträglich arrogant!" "Immer weiß er alles!" "Nie weiht er seine Kollegen ein!"

Besonders letzteres ist eigentlich nichts anderes, als ein spannender Storyaufbau, denn wenn Justus die Lösung schon in der Mitte des Buches verraten würde, gäbe es keinen Grund mehr, die zweite Hälfte zu lesen. Es ist eine Schreibtechnik, kein Merkmal von Justus' Arroganz. Nichtsdestotrotz wird es ihm so ausgelegt. Daran sind aber nicht nur die Fans beteiligt; diese Sichtweise hat sich auch unter Autoren durchgesetzt (die ebenfalls einmal Fans waren). Der neue Justus fällt nun oft auf die Nase, wird moralisch, geistig und physisch gedemütigt, redet manchmal wie ein Tölpel daher, macht grobe Fehler, darf nicht mehr der Held sein. Seine Freunde werden genauso behandelt, mit der Ausnahme, dass sie gut dastehen können, wenn sie Justus den Erfolg wegschnappen können. Nur dann. Ansonsten sind sie eher selbst die "problematisierten Helden" mit psychologischen Konflikten. Als Beispiel sei hier die Beziehung Bob/Clarissa Franklin genannt. Der Heldenmythos wird bewusst unterminiert. Nichteinmal das Lösen eines Falles zu aller Zufriedenheit ist noch selbstverständlich; auch hier gibt es öfter eher ein Versagen. In diesem Bereicht tut sich besonders André Marx hervor (das leere Grab, Erbe des Meisterdiebes, Labyrinth der Götter, der Puppenmacher...) Besonders bei ihm, aber nicht nur, gibt es dann auch stets Rechtfertigungen für immer dreistere Vergehen und Verbrechen, so dass am Ende der Verbrecher oft als bedauernswertes Opfer dasteht, das moralisch eigentlich im Recht ist, weil andere viel schlimmer sind und er deswegen ja selbst ein Verbrechen begehen "durfte". Welches dann natürlich nicht von einem "unsympathischen Helden" aufgeklärt werden sollte. Dazu wird dann auch zu allen Mitteln gegriffen, um den Helden ihre Berechtigung zu entziehen. Das Kinderbuch wurde also konzeptuell umgedreht bzw. ins Gegenteil verkehrt.

Beispiel: TKKG. Peter Carsten, genannt Tim/Tarzan. Heute wird seine "Gewaltbereitschaft" vielfach kritisiert. Er ist ein guter Judo-Kämpfer, später kommen noch andere Kampfsportarten hinzu, und er nutzt diese, um sich gegen Verbrecher zu verteidigen. Dabei hat er manchmal provozierende Sprüche auf den Lippen, besonders in späteren Folgen nach den Klassikern. Selbst in Podcasts, die sich mit TKKG beschäftigen, wird er oft dafür kritisiert. Andersherum gibt es einige Leute, die sich Tarzan als Vorbild genommen haben in ihrer Kinderzeit, als zwar unerreichbar perfekte, jedoch bewunderte Positivfigur, der man nacheifern kann. Genau das heute Kritisierte, also seine körperliche Verteidigungsfähigkeit, war nämlich der Aspekt, für den viele Kinder ihn bewundert haben. Auch seine moralischen Überzeugungen bzgl. gut und böse waren ein positiver Maßstab. Zudem wurde die in den Hörspielen durch Verkürzung oftmals etwas drastischer wirkende Gewaltbereitschaft deutlich kontextualisiert bzw. besser erklärt. Tarzan war also kein dumpfer Schläger, sondern eine charakterlich gut ausgearbeitete Figur. Die anscheinend sehr beliebt und erfolgreich war... denn die Serie hat sich sehr lange gehalten. Abseits heutiger kritischer Betrachtungen muss man einfach festhalten, dass Kinder starke Helden, die sich gegen Gangster behaupten können, mögen, dass sie keinerlei Bedenken bzgl. fiktiver "Kloppereien" entwickeln, wie ein Erwachsener und dass auch in einem Western beispielsweise gar nicht genug Bösewichte "abgeknallt" werden konnten, ohne dass jemand darin ein Problem gesehen hat. Sicher mag man das als Erwachsener kritisch hinterfragen... aber Kinder funktionieren so nicht und das ist auch gut so, denn sie sind eben Kinder; die mit Plastikpistolen Peng Peng spielen, den "Indianer" am "Marterpfahl" festbinden und dem Schulhofbully zumindest in einem Buch mal richtig eins auf den Deckel geben wollen. Enter Sozialpädagogik aka Kinder-brauchen-keine Fantasie: Heutzutage würde Tarzan sich eher von einem LKW überfahren lassen, als auch nur einmal die Stimme gegenüber einem Bösewicht zu erheben. Überspitzt formuliert. Welches Kind würde ihm da nacheifern wollen? Für was sollte er irgendein Vorbild sein? Für einen passiven Mann, der sich von allen herumschubsen lässt? Wird hier eine Geschichte erzählt? Oder predigt man Konformität im Gewand der Unterhaltung?

Beispiel: Fünf Freunde. George war stets eigensinnig und erfolgreich damit. Soweit mir bekannt ist, erfolgte innerhalb der Serie selbst auch keine allzu drastische Umdeutung des Charakters in späterer Zeit. Dafür allerdings in der Fanbasis. Georges eigensinniger Abenteuerdrang, durch den Probleme aufgedeckt und gelöst wurden, wird zunehmend kritischer betrachtet und ebenfalls manchmal als persönliches Charaktermanko gesehen. Und wenn dies nicht so ist, wird George, die als klassischer Tomboy angelegt war, zu einer Art Ikone der LGBTQ-Bewegung umgedeutet. Das mag für einzelne Leser ja durchaus einen Reiz haben, nimmt aber die ganze Grundidee der abenteuerlustigen Heldin aus dem Serienkonzept und deutet alles in eine identitätspolitische Selbstfindungsgeschichte um. Wenn man die anderen Serien von Enid Blyton betrachtet, dürfte der Fokus auch bei dieser Serie wohl eher NICHT auf so einem Aspekt gelegen haben. Gleichzeitig wird Anne als Typus der klassischen, unselbstständigen Hausfrau verschrien, der stark aus der Zeit gefallen sein soll. Wir haben hier also eine feministische Agenda als Maßstab einer sehr alten und sehr erfolgreichen Kinderbuchserie. Der gemeinsame Nenner ist wiederum: Die Figuren dürfen nicht mehr sein, was sie ursprünglich einmal waren, da das anscheinend nicht mehr "erträglich" ist. Oder anders gesagt: Die Figuren sind heute ihr eigenes Problem, keine Vorbilder mehr. Ein Julian kommt dabei noch ganz gut weg, weil er sowieso nie ganz im Vordergrund stand. Andererseits werden die "bösen Männer" und die "Schmuggler" heute dann teilweise eher als latent niedliche Randerscheinung betrachtet, denen man ja gar nicht ernsthaft das Handwerk legen muss. Das war zu Enid Blytons Zeiten mit vergifteten Hunden, körperlichen Züchtigungen, und lebensbedrohlichen Situationen durch Schusswaffen oder steigenden Fluten in einem Gefängnis noch ganz anders.

Die Frage ist also: Wollen wir keine Vorbildfiguren mehr? Ertragen wir keine "perfekten" Charaktere mehr, denen wir nacheifern können? Sind "wir" nur die Erwachsenen von heute? Sind Kinder der gleichen Meinung? Oder wären sie mit klassischen Heldenfiguren, wie sie schon seit Jahrtausenden erfolgreich verwendet werden (Homers Odyssee) weiterhin vollkommen zufrieden?

Darf ein Antagonist heute nicht mehr einfach "böse" sein, sondern muss immer ein Opfer seiner Umstände sein, dass man verstehen muss? Darf ein Kinderbuchheld nicht mehr das Recht haben, dem Antagonisten das Handwerk zu legen? Sind das Problem nun stets die Helden selbst?

Die Frage nach dem Zeitgeist taucht wieder auf. Ja, wir befinden uns eindeutig in einer Phase, in der diese Betrachtung aus irgendeinem Grund vorzuherrschen scheint. Wenn man allerdings die Geschichte betrachtet, ist dieser Zustand eine ziemliche Ausnahme. Da er aber aktuell ist, wohl auch "die eine und einzige Wahrheit" ;-)

Weg von philosophischen Betrachtungen: Ist euch das auch schonmal aufgefallen? Stört es euch? Habt ihr Beispiele dafür oder dagegen? Glaubt ihr, dass es so weitergehen wird oder dass sich daran wieder etwas ändert?

Mögt ihr Helden und Heldinnen oder nicht?
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Stielke »

Es scheint, als ob du eine sehr interessante Beobachtung gemacht hast über die Veränderung von Heldenfiguren in Kinder- und Jugendbüchern im Laufe der Zeit. Es ist wahr, dass die Darstellung von Helden und Antagonisten sich im Kontext der gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen entwickelt. Früher wurden Helden oft als unfehlbare, moralisch einwandfreie Figuren dargestellt, während Antagonisten einfach "böse" waren.

Heutzutage jedoch scheint es eine Tendenz zu geben, Heldenfiguren zu dekonstruieren und ihre Fehler und Schwächen hervorzuheben, während gleichzeitig Antagonisten oft eine menschlichere Seite gezeigt wird, die ihre Handlungen erklärt oder zumindest nachvollziehbar macht. Das kann einerseits zu einer interessanten und komplexen Figurenentwicklung führen, andererseits aber auch dazu, dass traditionelle Vorstellungen von Helden in Frage gestellt werden.

Es gibt sicherlich verschiedene Perspektiven dazu, und es ist spannend zu überlegen, wie Kinder und Jugendliche diese Veränderungen wahrnehmen und ob sie weiterhin klassische Heldenfiguren bevorzugen oder sich mit den moderneren, fehlerhafteren Charakteren identifizieren können. Es ist auch möglich, dass sich dieser Trend in Zukunft wieder ändert, je nachdem, wie sich die gesellschaftlichen Normen und Werte entwickeln.

Persönlich finde ich es wichtig, dass Kinder und Jugendliche vielfältige und nuancierte Figuren in ihren Büchern finden, die sie dazu anregen, über moralische Fragen nachzudenken und sich mit verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen. Helden müssen nicht perfekt sein, um inspirierend zu sein, aber es ist auch wichtig, dass ihre Handlungen und Entscheidungen weiterhin positive Werte vermitteln.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Danke, eine der besten Antworten, die ich je auf so einen Thread erhalten habe ...:... :::OxO:::
Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 14:04Das kann einerseits zu einer interessanten und komplexen Figurenentwicklung führen, andererseits aber auch dazu, dass traditionelle Vorstellungen von Helden in Frage gestellt werden.
Exakt, natürlich gibt es auch da zwei Seiten der Medaille :-)
Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 14:04 Persönlich finde ich es wichtig, dass Kinder und Jugendliche vielfältige und nuancierte Figuren in ihren Büchern finden, die sie dazu anregen, über moralische Fragen nachzudenken und sich mit verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen. Helden müssen nicht perfekt sein, um inspirierend zu sein, aber es ist auch wichtig, dass ihre Handlungen und Entscheidungen weiterhin positive Werte vermitteln.
Ganz genau, das unterschreibe ich so :::daumenhoch:::

Meine Lieblingshelden haben generell einen oder zwei kleine "Fehler", sind also nicht perfekt, dürfen aber sehr gerne die Antagonisten besiegen und den Tag retten. Eine gewisse Charakterentwicklung ist auch schön. Das fällt allerdings bei Endlosserien mit über 200 Folgen natürlich weg. Da kommen dann halt die sympathischen Fehler wieder ins Spiel.

Ich kann auch etwas mit Antihelden anfangen, die kein Held sein wollen, aber trotzdem das Richtige tun am Ende.

Was ich nicht mag, sind amoralische Helden in Kinderbüchern. Das ist nun wirklich ein Signal, das man falscher nicht setzen könnte.

Um die Frage nochmal zuzuspitzen: Fühlt man sich von einem perfekten Helden bedroht? Oder ist es okay wenn er so ist, solange er den Tag für alle rettet?

Wo ich zwar, wie gesagt, keine ganz perfekten Helden brauche, bin ich in Kinderbüchern durchaus zufrieden, wenn der Bösi eins auf den Deckel bekommt und die Gerechtigkeit wieder hergestellt wird, selbst wenn der Held etwas arrogant wäre. Sagen wir, wie bei Sherlock Holmes. Warum nicht? :-)
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Stielke »

Nun ja du magst Helden, die zwar nicht perfekt sind, aber dennoch gute Werte haben und am Ende den Tag retten. Das ist eigentlich nicht zu viel verlangt, finde ich zumindest. Perry Clifton und Paul Pepper kommen dem Wunsch ja auch recht nahe. Ich seh das übrigens auch ähnlich. Das ist auch einer der Gründe, warum es jetzt ein drei Fragezeichen Board gibt, und kein TKKG Board ;-). Ich sage nicht, dass die drei ??? perfekt sind, aber im Vergleich zu TKKG gibt es da für mich schon einen großen Unterschied. Aber gut, das ist ein anderes Thema.

Die Frage, ob man sich von einem perfekten Helden bedroht fühlt, ist interessant. In gewisser Weise könnten perfekte Helden für manche Menschen unerreichbar wirken und dadurch weniger identifizierbar sein. Helden mit kleinen Fehlern hingegen könnten für viele Leser zugänglicher und vor allem realistischer erscheinen. Vor allem wirkt diese "100 % alles muss perfekt sein" (und das bekommt man mit jedem 2. Satz unter die Nase gerieben) auf mich viel unsympathischer.

Es ist verständlich, dass in Kinderbüchern klare moralische Botschaften vermittelt werden sollen und die Bösewichte am Ende ihre gerechte Strafe erhalten. Diese Struktur bietet nicht nur eine befriedigende Geschichte, sondern vermittelt auch wichtige Werte an junge Leser. Aber man sollte auf dem Teppich bleiben. Manchmal kann der Effekt auch nach hinten losgehen, besonders wenn der beschriebene Weg einfach zu anstrengend und übertrieben ist / wäre. Ausserdem sind es Hörspiele und Bücher. Geschichten. Man muss nicht mit bei jedem 2. Satz etwas leren (oder vermittelt bekommen).

Sherlock Holmes ist ein interessantes Beispiel für einen Helden mit einigen Eigenheiten, der dennoch für seine Intelligenz und seine Fähigkeit, Verbrechen aufzuklären, bewundert wird. Sein Charakter zeigt, dass manchmal ein gewisses Maß an Arroganz mit Brillanz einhergehen kann, solange am Ende das Gute triumphiert. (Sherlock Holmes passt auch gut in die Nebenthemen hier. Tkkg nicht so ... ;-))

Insgesamt scheint es, als ob dein Geschmack gut mit den Werten übereinstimmt, die viele Leser in ihren Helden suchen (sollten): Eine Mischung aus Stärke, Schwäche und moralischer Integrität, die inspiriert und gleichzeitig zugänglich ist.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Jamie Allison »

Bevor wir uns jetzt quer durch jahrtausendelange Literaturgeschichte quälen ... ;-)

Justus Jonas ist keine "perfekte" Heldenfigur. Nie gewesen. Er ist nicht nur durch sein Übergewicht körperlich eingeschränkt, sondern auch durch seine Situation als Vollwaise, die bei Tante und Onkel lebt. Dann hat er, wie vor allem in den Classics oft erwähnt, seine Vergangenheit als landesweit bekannter Kinderstar "Baby Fatso", auf die er absolut nicht stolz ist. Die Frage wäre, wie dringend bräuchte er noch weitere Schwächen?

Meine Antwort wäre: gar nicht. Er hat sie quasi als Ausgleich dafür, dass er den Klugscheißer markiert und am Ende gern mal ellenlange Monologe hält, in denen er aufdeckt, wie er auf seine Schlussfolgerungen kommt. So bekommt er seine Chance sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken, aber nie aus Eigensinn, sondern immer im Sinne von Wahrheit und Recht.

Meiner Meinung nach braucht eine solche Figur nicht noch weitere Schwächen; Justus war in den Classcis schon die gesunde Mischung. Nur wollte ihn später ein gewisser André M. aus O. an der H. derart demoralisieren, dass es seiner Meinung nach wohl einer Frau bedurfte, die ihn zu einem versuchten Verbrechen verführt, initiiert von einem bekannten Verbrecher, der seinen eigenen Tod vortäuscht, nur um mit Justus Moralkarneval zu spielen. Für was? Damit eine astreine Heldenfigur auf die Schnauze fliegt? Das war schon bei Holmes kein besonders geistreiches Motiv (Stichwort Irene Adler ... und das auch noch vom originalen Autor) und ist es auch heute nicht.

Wir können durchaus mal in andere Serien gucken. Das Motiv "(mindestens) Halbwaise" ist ja sehr beliebt, siehe Tarzan/Tim bei TKKG oder Marie bei DDA. Diese Komponente macht Heldenfiguren unter Umständen sogar greifbarer und liefert Stoff für gute Fälle. "Ein Toter braucht Hilfe" zeigt, wie Tim alles gibt, um den Ruf seines Vaters zu retten. "Kuss-Alarm!" zeigt, wie Marie alles gibt, um die wahre Todesursache ihrer Mutter herauszufinden. In beiden Fällen wurde es richtig gemacht. Aber was bei DDF im "leeren Grab" los war ... um das zu klären, brauche ich wohl einen Whiskey. ;-)

Wie ihr schon sagt: Kinder brauchen und wollen Helden. Sie müssen nicht perfekt sein, aber mit für sich selbst problematischen Situationen umzugehen wissen. Ob es um verschwundene Katzen oder verstorbene Elternteile geht, ist hierbei nicht relevant. Es geht bei der Heldenfigur immer darum, dass sie, allen Hindernissen zum Trotze, positiv und vielleicht sogar gestärkt hervorgeht. Gerade das macht sie ja zum Helden.

Und genau so wollte ich das als Kind/Jugendlicher, und es ist ein zentraler Grund, warum ich DDF und Konsorten immer noch anhänge (obschon mir manche Autoren zwischendurch immer mal wieder Anlass für das Gegenteil geben). Ich kann mir nur sehr schlecht vorstellen, dass das bei heutigen Kindern/Jugendlichen gravierend anders ist.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 18:24 Nun ja du magst Helden, die zwar nicht perfekt sind, aber dennoch gute Werte haben und am Ende den Tag retten. Das ist eigentlich nicht zu viel verlangt, finde ich zumindest. Perry Clifton und Paul Pepper kommen dem Wunsch ja auch recht nahe.
So sieht's aus :-)
Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 18:24Das ist auch einer der Gründe, warum es jetzt ein drei Fragezeichen Board gibt, und kein TKKG Board ;-). Ich sage nicht, dass die drei ??? perfekt sind, aber im Vergleich zu TKKG gibt es da für mich schon einen großen Unterschied. Aber gut, das ist ein anderes Thema.
Und bestimmt auch kein Uninteressantes ;-)

Ich kann es mir durchaus ungefähr vorstellen und würde es wahrscheinlich ähnlich sehen. Allerdings liegt TKKG nicht weit hinter DDF in meiner Wertung zurück. Das kommt sogar auf den jeweils betrachteten Aspekt an, teils hätte TKKG vielleicht sogar die Nase vorn.
Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 18:24 Die Frage, ob man sich von einem perfekten Helden bedroht fühlt, ist interessant. In gewisser Weise könnten perfekte Helden für manche Menschen unerreichbar wirken und dadurch weniger identifizierbar sein. Helden mit kleinen Fehlern hingegen könnten für viele Leser zugänglicher und vor allem realistischer erscheinen. Vor allem wirkt diese "100 % alles muss perfekt sein" (und das bekommt man mit jedem 2. Satz unter die Nase gerieben) auf mich viel unsympathischer.
Das ist wahr. Aber mir kommt es wirklich eher selten unter, dass ich einen Helden nicht mag, nur weil er "zu perfekt" ist. Dazu muss er schon aktiv unsympathisch sein. Was schwerfällt, wenn er gerade für Gerechtigkeit gesorgt hat ;-)

Nichtsdestotrotz, klar, zu perfekte Helden sind zumindest auch schnell langweilig. Nur eben nicht gleich verachtenswert, imho, nur weil man selbst nicht so perfekt sein kann.
Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 18:24 Es ist verständlich, dass in Kinderbüchern klare moralische Botschaften vermittelt werden sollen und die Bösewichte am Ende ihre gerechte Strafe erhalten. Diese Struktur bietet nicht nur eine befriedigende Geschichte, sondern vermittelt auch wichtige Werte an junge Leser. Aber man sollte auf dem Teppich bleiben. Manchmal kann der Effekt auch nach hinten losgehen, besonders wenn der beschriebene Weg einfach zu anstrengend und übertrieben ist / wäre. Ausserdem sind es Hörspiele und Bücher. Geschichten. Man muss nicht mit bei jedem 2. Satz etwas leren (oder vermittelt bekommen).
Nicht in Form von Botschaften mit dem Holzhammer, darauf stehe ich auch überhaupt nicht. Aber etwas vermitteln, finde ich schon gut. Wenn es etwas Sinnvolles ist. Oder anders ausgedrückt: Eine Geschichte muss keine Antworten geben, sollte aber die richtigen Fragen stellen :-)
Stielke hat geschrieben: 20.04.2024, 18:24 Eine Mischung aus Stärke, Schwäche und moralischer Integrität, die inspiriert und gleichzeitig zugänglich ist.
So würde ich das auch beschreiben ...:...
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Jamie Allison hat geschrieben: 20.04.2024, 19:24 Justus Jonas ist keine "perfekte" Heldenfigur. Nie gewesen. Er ist nicht nur durch sein Übergewicht körperlich eingeschränkt, sondern auch durch seine Situation als Vollwaise, die bei Tante und Onkel lebt. Dann hat er, wie vor allem in den Classics oft erwähnt, seine Vergangenheit als landesweit bekannter Kinderstar "Baby Fatso", auf die er absolut nicht stolz ist. Die Frage wäre, wie dringend bräuchte er noch weitere Schwächen?

Meine Antwort wäre: gar nicht. Er hat sie quasi als Ausgleich dafür, dass er den Klugscheißer markiert und am Ende gern mal ellenlange Monologe hält, in denen er aufdeckt, wie er auf seine Schlussfolgerungen kommt. So bekommt er seine Chance sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken, aber nie aus Eigensinn, sondern immer im Sinne von Wahrheit und Recht.
Jawollja. Thema Justus endlich ein für allemal geklärt :-D :::OxO:::
Jamie Allison hat geschrieben: 20.04.2024, 19:24"Ein Toter braucht Hilfe" zeigt, wie Tim alles gibt, um den Ruf seines Vaters zu retten.
Ja, und die Folge ist einfach wunderbar für Tims Charakterdarstellung und -entwicklung ...:...
Jamie Allison hat geschrieben: 20.04.2024, 19:24Es geht bei der Heldenfigur immer darum, dass sie, allen Hindernissen zum Trotze, positiv und vielleicht sogar gestärkt hervorgeht. Gerade das macht sie ja zum Helden.
Noch ein Satz zum Festhalten :-)

Wenn ich jetzt mal ganz tiefenphilosophisch einsteigen wollte, könnte man sogar sagen, dass "Heldsein" keine Zustandsbeschreibung ist, sondern eine Tätigkeitsbeschreibung. Mit anderen Worten: JEDER kann ein Held sein. Wäre das nicht eine gute Botschaft? :-)
Jamie Allison hat geschrieben: 20.04.2024, 19:24 Und genau so wollte ich das als Kind/Jugendlicher, und es ist ein zentraler Grund, warum ich DDF und Konsorten immer noch anhänge (obschon mir manche Autoren zwischendurch immer mal wieder Anlass für das Gegenteil geben). Ich kann mir nur sehr schlecht vorstellen, dass das bei heutigen Kindern/Jugendlichen gravierend anders ist.
So sehe ich das eben auch :::oxo:::
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Nebelphantom »

Naja, ganz ehrlich - die gesellschaftlichen Bilder und Werte haben sich halt in den letzten 50-60 Jahren (seit Schöpfung der ???) bzw. 70 Jahren (seit Schöpfung der Fünf Freunde) gewandelt, und das finde ich gut so, denn weder die angestaubten Geschlechterrollen (Gaby muss zu Hause bleiben, wenn's gefährlich wird, und Hausarbeit macht natürlich nur die brave Anne ;-) ) noch die teilweise arg schablonenhafte Gestaltung der TKKG-Bösewichte halte ich für gelungen.

Dass man den "Bösen" verklärt muss nicht sein, aber dass man seine Motive beleuchtet und nachvollziehrbar macht, finde ich grundsätzlich sehr gut. Das kann man auch Kindern zumuten, finde ich! Mir ist als älteres Kind in dieser Hinsicht sehr positiv das Buch "Wolfsaga" von Käthe Recheis im Gedächtnis geblieben. Die Protagonisten sind Wölfe und es ist in weiten Teilen eine Allegorie auf diktatorische Machtergreifung und Gleichschaltung. Aber der Böse wird sehr ambivalent charakterisiert - sein Handeln nicht beschönigt, aber seine Motive nachvollziehrbar dargestellt. Am Ende wird er besiegt und stirbt sogar, aber er ist trotzdem ein tragischer Charakter, der nicht nur Abscheu, sondern auch Mitleid weckt.

Ich finde das gut, denn in der echten Welt ist es eben auch nicht so einfach, dass einer vollkommen im Recht ist und der andere einfach nur grundlos böse. Diese eingeschränkte Art der Weltsicht ist es, was uns an zahlreichen Orten der Welt jahrzehntelange Konflikte beschert! Im wahren Leben haben halt meistens beide Seiten ihre Gründe, die einen mehr, die anderen weniger redlich. Aus einem gewissen Verständnis für den "Gegner" heraus kann m.E. eine langfristige, konstruktive Lösung erwachsen, aus dem Schwarz-Weiß-Denken eher nicht. Von daher finde ich es positiv, dass die simplen Gut-Böse-Sichten in moderner (Kinder-)Literatur differenzierter dargestellt werden.

Davon abgesehen stimme ich Jamie Allison zu, dass gerade Justus eben kein "perfekter Held" war, sondern von Anfang an mit Schwächen angelegt. Generell finde ich die Drei Fragezeichen, selbst in ihren frühesten Folgen, für ihre Zeit angenehm differenziert angelegt. Anders als bei TKKG ist nicht immer schon vom Aussehen her klar, wer gut und böse ist ;-) Und auch bei den Fünf Freunden wird sich in den alten Folgen oft ganz schön abfällig und vorurteilsbehaftet über andere Menschen geäußert; so wie es halt in Blytons damaliger Gesellschaft normal war, daher mache ich ihr auch keinen Vorwurf. Ich bin aber froh, dass es heute meist anders ist.
Muss man jetzt deshalb anfangen, alte Geschichten im Sinne einer politischen Korrektheit zu zensieren und umzuschreiben? Bitte nicht. Aber dass man sie mit einem einordnenden Vorwort oder Kommentar versieht, finde ich gar nicht schlecht.
Wenn ich jetzt mal ganz tiefenphilosophisch einsteigen wollte, könnte man sogar sagen, dass "Heldsein" keine Zustandsbeschreibung ist, sondern eine Tätigkeitsbeschreibung. Mit anderen Worten: JEDER kann ein Held sein. Wäre das nicht eine gute Botschaft? :-)
Ja, unbedingt! Fand ich auch bei Harry Potter sehr schön, dass da genau dies thematisiert wird - in Bezug auf den sprechenden Hut, der Harry nach Slytherin stecken wollte. Denn unsere Taten und Entscheidungen bestimmen viel mehr, wer wir sind, als unsere Herkunft und unsere Fähigkeiten. Deshalb mag ich auch, wenn sowohl Schurken ihre guten Seiten als auch Helden ihre Schwächen zeigen, oder auch mal Schwierigkeiten mit dem moralischen Kompass haben, denn so kann man zeigen, dass es möglich und wichtig ist, letztlich die moralisch richtigen Entscheidungen zu treffen, auch und gerade wenn es nicht so klar und offensichtlich ist.

P.S.: "Tarzan" fand ich übrigens schon als Kind doof, weil der immer nur eine Lösung kannte, nämlich zuschlagen, und damit auch noch immer ganze Gangsterbanden auf's Kreuz gelegt hat, obwohl er erst in der 9. Klasse (!) ist. Das hat bei meiner Schwester und mir zu dem running gag "Vorsicht Tarzan, er hat eine Kettensäge!!!" geführt :-D
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32 Naja, ganz ehrlich - die gesellschaftlichen Bilder und Werte haben sich halt in den letzten 50-60 Jahren (seit Schöpfung der ???) bzw. 70 Jahren (seit Schöpfung der Fünf Freunde) gewandelt
Richtig, wir sollten aber generell nicht vergessen, dass es hier gerade um Kinderbücher geht ;-) Also ist das nur insofern relevant, als dass es sich auf die Helden und Schurken der Bücher bezieht. Nur ganz allgemein als Vorbemerkung :-)
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32 Dass man den "Bösen" verklärt muss nicht sein, aber dass man seine Motive beleuchtet und nachvollziehrbar macht, finde ich grundsätzlich sehr gut.
Bis zu einem gewissen Grad ja; allgemein sehe ich das aber eher als ein Merkmal von Erwachsenenliteratur an. Aus gutem Grund, denn Kinder sollten Kinder bleiben dürfen. Und ihre Literatur hat von jeher anders funktioniert.
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32 Ich finde das gut, denn in der echten Welt ist es eben auch nicht so einfach
Aber welchen Anspruch hat Kinderliteratur, die echte Welt abbilden zu müssen? Ich bin jetzt mal ein bisschen gemein ;-)

Die echte Welt wird auch nicht akkurat in kitschigen Liebesromanen erzählt, und trotzdem werden diese millionenfach gelesen. In der echten Welt hat niemand magische Kräfte, aber Harry Potter geht erfolgstechnisch durch die Decke. In der echten Welt begeht niemand einen Bankraub mit einem künstlichen Drachen, aber es handelt sich dabei um eines der besten DDF-Hörspiele :::yHy:::
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32Diese eingeschränkte Art der Weltsicht ist es, was uns an zahlreichen Orten der Welt jahrzehntelange Konflikte beschert! Im wahren Leben haben halt meistens beide Seiten ihre Gründe, die einen mehr, die anderen weniger redlich. Aus einem gewissen Verständnis für den "Gegner" heraus kann m.E. eine langfristige, konstruktive Lösung erwachsen, aus dem Schwarz-Weiß-Denken eher nicht. Von daher finde ich es positiv, dass die simplen Gut-Böse-Sichten in moderner (Kinder-)Literatur differenzierter dargestellt werden.
Wie gesagt, Weltpolitik wollte ich hier eigentlich nicht diskutieren. Aber man kann auch draufgucken und mit Recht fragen: Ist das wirklich so? Ich kenne da so einige Spezis, bei denen man mit "Verständnis" ziemlich wenig ausrichten würde. Man könnte das im Gegenzug sogar für ziemlich naiv halten.

Und: Bei Kinderliteratur geht es um Unterhaltung, nicht um das Heranziehen politisch-erwünscht-denkender Bürger der Zukunft. Dann könnten wir die Kinderbücher auch gleich weglassen und den Nachwuchs den ganzen Tag vor die Nachrichten setzen.

Zurück zum Thema könnte man sagen, dass gerade diese simplen Gut-Böse-Sichten das Hauptmerkmal von Kinderliteratur sind und das eine gewisse Entwicklung erst später im Menschen stattfindet. Denn bei KINDERN ist diese Schwarz-Weiß-Sicht nichts Schlechtes sondern entwicklungstechnisch absolut notwendig. Und das lässt sich durch Kinderbücher mit gedemütigten Helden keineswegs beschleunigt aberziehen.
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32 Davon abgesehen stimme ich Jamie Allison zu, dass gerade Justus eben kein "perfekter Held" war, sondern von Anfang an mit Schwächen angelegt. Generell finde ich die Drei Fragezeichen, selbst in ihren frühesten Folgen, für ihre Zeit angenehm differenziert angelegt.
Tja, und ich würde sie nicht "für ihre Zeit" loben, sondern einfach sagen, sie sind gut geschrieben :-D Trotz Schwarz-Weiß-Schema. Oder deswegen? Es funktioniert für Kinder einfach hervorragend und vermittelt gute Botschaften dabei, so wie seit hunderten von Jahren schon. Die Gebrüder Grimm lassen grüßen ...ozo...
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32Und auch bei den Fünf Freunden wird sich in den alten Folgen oft ganz schön abfällig und vorurteilsbehaftet über andere Menschen geäußert; so wie es halt in Blytons damaliger Gesellschaft normal war, daher mache ich ihr auch keinen Vorwurf. Ich bin aber froh, dass es heute meist anders ist.
Ist es das? Vielleicht war es aber zu Enid Blytons Zeiten nur realistisch und ist es heute auch noch... nur, dass heute so getan wird, als wäre es aktuell nicht mehr realistisch... Überhaupt sind gewalttätige Situationen bei TKKG oft viel realistischer als alles, was mit dem friedlichen Ausdiskutieren zu tun hätte... wenn man die wirkliche Realität nimmt. Natürlich wäre da in Wahrheit kein Tarzan, der für Gerechtigkeit sorgen könnte. Es sei denn natürlich, jemand fühlte sich von solchen Büchern inspiriert und würde mal Zivilcourage zeigen, anstatt wie die meisten Deutschen einfach wegzugucken. (Wieder ein gemeines Beispiel ;-) )
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32 Ja, unbedingt! Fand ich auch bei Harry Potter sehr schön, dass da genau dies thematisiert wird - in Bezug auf den sprechenden Hut, der Harry nach Slytherin stecken wollte. Denn unsere Taten und Entscheidungen bestimmen viel mehr, wer wir sind, als unsere Herkunft und unsere Fähigkeiten. Deshalb mag ich auch, wenn sowohl Schurken ihre guten Seiten als auch Helden ihre Schwächen zeigen, oder auch mal Schwierigkeiten mit dem moralischen Kompass haben, denn so kann man zeigen, dass es möglich und wichtig ist, letztlich die moralisch richtigen Entscheidungen zu treffen, auch und gerade wenn es nicht so klar und offensichtlich ist.
Genau. Man sollte nur nicht vergessen, den Helden dann am Ende auch die richtige Entscheidung treffen zu lassen, anstatt nur die Bösen zu rechtfertigen und den Helden dann in der Patsche sitzen zu lassen...
Nebelphantom hat geschrieben: 21.04.2024, 18:32 P.S.: "Tarzan" fand ich übrigens schon als Kind doof, weil der immer nur eine Lösung kannte, nämlich zuschlagen, und damit auch noch immer ganze Gangsterbanden auf's Kreuz gelegt hat, obwohl er erst in der 9. Klasse (!) ist.
Diese Sichtweise ist ein Vorurteil und mit Lektüre der Bücher oder auch mit dem Hören von mehr als ein paar Folgen widerlegbar :::TT:::

Unterm Strich meine ich hauptsächlich, dass das Grundschema gut so ist, wie es ist. Denn es hat schon immer so funktioniert. Das heißt nicht, dass Helden perfekt sein müssen, oder dass sie nicht mal eine Krise haben dürfen (vorzugsweise in der MITTE des Buches, nicht am ENDE ;-) ) oder dass es nicht auch mal sympathische Gangster geben darf (Mr. Shelby, Drache).

Aber teilweise wird das heute so weit getrieben, dass sich Recht und Unrecht geradezu ins Gegenteil verkehren und eine nihilistische Weltsicht bei Kindern propagieren... und DAGEGEN habe ich tatsächlich etwas.

Ich finde jedenfalls, die "aktuelle kulturelle Phase" kann gar nicht schnell genug vorbeigehen, besonders in Kinderbüchern :::yHy:::
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Frank di Stefano »

Zunächst einmal ein herzliches Hallo, danke für die Gründung dieses Forums und die Aufnahme in selbiges!

Spannendes Thema. Hast du ein Beispiel aus der neueren Zeit, wo bei DDF Täter-/Opfer-Umkehr betrieben wird, Perry Clifton? Diese Tendenz, Straftaten zu verharmlosen und auf der anderen Seite Victim Blaming zu betreiben, kenne ich nämlich bei DDF vor allem aus den frühen Folgen. Der von dir bereits erwähnte Mr. Shelby ist ja ein gutes Beispiel für einen notorischen Kriminellen (mehrfacher Diebstahl, mutmaßlicher Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, versuchter schwerer Bankraub), den DDF am Ende einfach laufen lassen mitsamt seinen Gehilfen, welche DDF zudem mit potentiell tödlichen Waffen bedroht hatten. Aber der Sympathiebonus für den Spaßvogel macht natürlich am Ende das alles wieder wett. Genauso wie Rhandur wegen Bedrohung/Nötigung/Vortäuschung einer Straftat oder Terrill und Grant nicht wegen Freiheitsberaubung Minderjähriger vor dem Kadi landen (gut, bei letzteren kommt noch ein berechtigter Mitleidsbonus hinzu).

Auf der anderen Seite werden der vom Schicksal hart getroffene Erpresser Hancock im Giftigen Wasser oder der ebenfalls bemitleidenswerte Mr Callows in der gefährlichen Erbschaft wie Schwerverbrecher behandelt. Ersterer, weil er mit einer nicht ernstgemeinten Erpressung auf einen Umwelt- und Vertuschungsskandal aufmerksam machen wollte und letzterer nur, weil er den anderen bei der Suche nach Dingos Erbe zuvorkommt, während der versuchte Mordanschlag von Skinny Norris in derselben Folge anscheinend folgenlos bleibt. Wohingegen es für DDF kein Problem war, im seltsamen Wecker mit Serienstraftätern wie Hugenay zusammenzuarbeiten, wenn es der Sache diente.

DDF betrieb also mehr oder weniger schon immer eine Art Täter/Opfer-Umkehr oder zumindest Ungleichbehandlung und ist damit kaum weniger widersprüchlich als TKKG, wo in einer Folge soziale Randgruppen und Minderheiten von den vier Protagonisten in Schutz genommen werden (Angst in der 9a, Sklaven für Wutawia), während ihnen in anderen Folgen mit Vorurteilen begegnet wird (Schatz in der Drachenhöhle, Der letzte Schuss). Diese Widersprüchlichkeit und Unperfektheit der Protagonisten macht aber gerade ihren Reiz aus und macht sie menschlich. Eine durchgängige Tendenz oder einen konsequent umgesetzten politischen Erziehungsauftrag sehe ich dahinter aber nicht.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08 Zunächst einmal ein herzliches Hallo, danke für die Gründung dieses Forums und die Aufnahme in selbiges!
Willkommen im Forum :-)

Da wir aber mitten in eine Diskussion einsteigen, muss es auch ans Eingemachte gehen :::DD::: Hoffe das ist in Ordnung :::OxO:::
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08 Spannendes Thema. Hast du ein Beispiel aus der neueren Zeit, wo bei DDF Täter-/Opfer-Umkehr betrieben wird, Perry Clifton? Diese Tendenz, Straftaten zu verharmlosen und auf der anderen Seite Victim Blaming zu betreiben, kenne ich nämlich bei DDF vor allem aus den frühen Folgen.
Ja, ich habe Beispiele. Aber zuerst mal zu deinen Argumenten: Der Twist, dass alles, was heute kritisiert wird, ja auch in den Klassikern schon immer dagewesen sein soll, ist mir nicht neu ;-) Man sollte das aber imho nicht in einen Topf werfen, sondern schon ausreichend differenzieren, wo es sich eben wirklich um unterschiedliche Sachen handelt.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08Der von dir bereits erwähnte Mr. Shelby ist ja ein gutes Beispiel für einen notorischen Kriminellen (mehrfacher Diebstahl, mutmaßlicher Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, versuchter schwerer Bankraub), den DDF am Ende einfach laufen lassen mitsamt seinen Gehilfen, welche DDF zudem mit potentiell tödlichen Waffen bedroht hatten. Aber der Sympathiebonus für den Spaßvogel macht natürlich am Ende das alles wieder wett.
Zuerst halten wir fest: In diesem Fall wird nirgendwo Victim-Blaming betrieben. Dann gründet sich das Laufenlassen vor allem auf der Tatsache, dass bei seinen Verbrechen unterm Strich für niemanden ein bleibender Schaden entstanden ist. Die Hunde sind wieder da, das Gold wurde nicht geraubt, die Jungen wurden nicht verletzt. Ob man Shelby wirklich davonkommen lassen hätte MÜSSEN, ist natürlich eine Frage, die man sich stellen kann. Aber er wird nicht als gefährlicher Verbrecher für unschuldig erklärt oder für ein Opfer gehalten, er WAR gar nicht erst ein Schwerverbrecher qua mangelnder Ausführung. Das ist ein Unterschied.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08Genauso wie Rhandur wegen Bedrohung/Nötigung/Vortäuschung einer Straftat...
Ich glaube nicht, dass DDF bei Rhandur irgendeine Handhabe hatten ;-) Ich habe ihn immer als gefährlichen Menschen wahrgenommen, der zum Schluss ZUM GLÜCK verduftet ist. Victim Blaming? Habe ich dort nicht entdecken können. Im Gegenteil, er mag zwar ein nachvollziehbares Motiv haben und zum Schluss sogar Gus bezahlt haben, aber nur, weil er dachte, dass es aufgrund des Fluches notwendig ist. Auf die Idee, Rhandur sympathisch zu machen, ist erst Marx gekommen...
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08...Terrill und Grant nicht wegen Freiheitsberaubung Minderjähriger vor dem Kadi landen
Grant? Smarty Simpson? Verstehe ich nicht ganz, das Beispiel.

Terril? Naja, er hat in seinem eigenen Haus getan, was ihm beliebt, und DDF und andere sind schließlich freiwillig dorthin gegangen und sogar genau DESWEGEN. Freiheitsberaubung? Ja, den Punkt gab es tatsächlich öfter. Aber wir reden hier nicht von juristischen Definitionen, sondern von Helden und Schurken, meinetwegen auf moralischer Ebene. Also wieder: Kein Victim-Blaming. Ein Verbrechen ohne bleibende Schäden. Im Prinzip nur ein Theaterspiel. Wo hätte Terril denn da für etwas ernsthaft vor den Kadi gezerrt werden müssen? Ja, der Mitleidsbonus ist da, aber er deckt kein moralisches Verbrechen. Und Terril hat seine Verfehlungen ja durchaus eingesehen, anstatt sich selbst zu rechtfertigen. Genau wie Shelby.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08 DDF betrieb also mehr oder weniger schon immer eine Art Täter/Opfer-Umkehr oder zumindest Ungleichbehandlung
Was ja schonmal zwei ganz verschiedene Sachen sind und das "schon immer" ziehe ich in Zweifel :-)
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08 Auf der anderen Seite werden der vom Schicksal hart getroffene Erpresser Hancock im Giftigen Wasser oder der ebenfalls bemitleidenswerte Mr Callows in der gefährlichen Erbschaft wie Schwerverbrecher behandelt.
Weil sie es sind. Sie haben Straftaten wirklich begangen. Gut, die Geschichte in Giftiges Wasser ist mir momentan nicht komplett präsent. Und BJHW zähle ich teils auch zu den dubioseren Darstellungen, da würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Man kann aber kaum von Victim Blaming reden, wenn jemand loszieht, und die Stadt erpresst, das Trinkwasser zu vergiften. Opfer hin oder her, sowas ist schon eine erhebliche Straftat.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08...während der versuchte Mordanschlag von Skinny Norris in derselben Folge anscheinend folgenlos bleibt...
Ich habe gerade das Buch nicht mehr im Kopf... allerdings wird Skinny in den Klassikern nirgendwo gerechtfertigt und sogar mit Kadettenanstalt bestraft.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08Wohingegen es für DDF kein Problem war, im seltsamen Wecker mit Serienstraftätern wie Hugenay zusammenzuarbeiten, wenn es der Sache diente.
...und Justus hatte die Polizei gerufen, um Hugenay zu verhaften, der sich nur durch seine Geschicklichkeit entziehen konnte. Die moralischen Psychospielchen und Hugenay-Verklärungen kommen erst bei André Marx vor.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08...und ist damit kaum weniger widersprüchlich als TKKG, wo in einer Folge soziale Randgruppen und Minderheiten von den vier Protagonisten in Schutz genommen werden (Angst in der 9a, Sklaven für Wutawia), während ihnen in anderen Folgen mit Vorurteilen begegnet wird (Schatz in der Drachenhöhle, Der letzte Schuss). Diese Widersprüchlichkeit und Unperfektheit der Protagonisten macht aber gerade ihren Reiz aus und macht sie menschlich.
Nun, ich begegne auch manchen Leuten einer Gruppe anders als anderen der gleichen Gruppe ;-) Das kommt ja zunächst mal auch auf den jeweiligen Kontext an. Bei TKKG sind wie gesagt auch nie die Bücher außer Acht zu lassen. Aber ja, bei TKKG gab es durchaus hier und da mal Widersprüche. Allerdings nie so, dass sie den Helden- oder Schurkenstatus innerhalb einer Geschichte umgedeutet hätten. Soweit ich mich entsinne.
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08Eine durchgängige Tendenz oder einen konsequent umgesetzten politischen Erziehungsauftrag sehe ich dahinter aber nicht.
Da stimme ich zu; Ersetzungen von Begriffen wie "Zigeuner" aus Gründen politischer Korrektheit mal außen vor gelassen. Aber davon abgesehen sehe ich auch eher die persönliche Weltsicht der Autoren hinter solchen Fällen und keine geplante politische Agenda. Gut, wenn man sich überlegt, dass manche Verlage schon keine Winnetou-Kinderbücher mehr drucken wollen, weil das Wort "Indianer" vorkommt...

So, Beispiele aus heutiger Zeit.

Beim Puppenmacher wird das moralisch verwerfliche und kriminelle Verhalten von Tricia und von dem drogensüchtigen Ex-Knacki und Entführer per Täter-Opfer-Umkehr gerechtfertigt. Tricia hat im Polizeidienst aus guten Gründen nichts zu suchen, aufgrund ihrer Krankheit. Aber sie lügt und verheimlicht es, weil sie ja den angeborenen Grundanspruch erhebt, Polizistin zu sein. Gleichzeitig geht sie mit aller gesetzlicher Härte gegen Kenneth vor, der ihr nur helfen wollte. Sie besorgt sich sogar im Vorfeld eine Waffe um ihn dann damit zu bedrohen, anstatt zum Beispiel mit him zu sprechen, lässt ihn dann extra länger einsperren und redet ihm ein schlechtes Gewissen ein. Kenneth weiß zu dem Zeitpunkt hingegen von einem drogensüchtigen Psychopathen, der seine Verlobte einmal eingespertt hat und fast verdursten ließ, der womöglich obszöne Anrufe macht und ihren Hund entführt hat. Natürlich ist es nicht zulässig, den Verdächtigen einfach zu verprügeln, allerdings ist es wohl sehr nachvollziehbar, in diesem Moment. Da Tricia aber die Waffe KOMMEN LIESS, wusste sie schon vorher, was sie hinterher tun wollte. Der Autor gibt sich nun alle Mühe, den Drogenpsycho als Kenneth' Opfer hinzustellen und die Gesetzestreue-heuchelnde Tricia mit ihrem eigenen Betrug im Hintergrund ihren eigenen Verlobten vor die Justiz zerren zu lassen. Bis zum Schluss des Buches. Kein Happy End. Kenneth BLEIBT hier der Böse. Tricia BLEIBT Polizistin. Der Drogenpsycho, der sie fast hat verrecken lassen, ist ihr neuer bester Kumpel.

Es finden sich sehr häufig tatsächlich ausgeführte Verbrechen, die dann dadurch "gerechtfertigt" werden, dass andere ja noch viel schlimmere Verbrechen begangen haben (sollen). Wenn das keine Täter-Opfer-Umkehr und kein Victim-Blaming sind, weiß ich es auch nicht. Von der absichtlichen Verhunzung eines Charakters wie Kenneth mal ganz abgesehen. Wieso zum Teufel sollte er ein Brautpaar als Puppen in der Scheune am Hals aufhängen? Wer denkt sich so einen Stuss aus? Und vor allem, warum?

Naja, es ist kein Geheimnis, dass man besonders in Marx' Büchern bzgl. solcher moralischer Verdrehungen fündig wird. Nicht in allen, aber in zu vielen.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Frank di Stefano »

Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52 Willkommen im Forum :-)

Da wir aber mitten in eine Diskussion einsteigen, muss es auch ans Eingemachte gehen :::DD::: Hoffe das ist in Ordnung :::OxO:::
Aber natürlich, ich bin ja sozusagen mit der Tür ins Haus gefallen, und will selber auch gar nicht lange um den heißen Brei herumreden.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Zuerst halten wir fest: In diesem Fall wird nirgendwo Victim-Blaming betrieben. Dann gründet sich das Laufenlassen vor allem auf der Tatsache, dass bei seinen Verbrechen unterm Strich für niemanden ein bleibender Schaden entstanden ist. Die Hunde sind wieder da, das Gold wurde nicht geraubt, die Jungen wurden nicht verletzt. Ob man Shelby wirklich davonkommen lassen hätte MÜSSEN, ist natürlich eine Frage, die man sich stellen kann. Aber er wird nicht als gefährlicher Verbrecher für unschuldig erklärt oder für ein Opfer gehalten, er WAR gar nicht erst ein Schwerverbrecher qua mangelnder Ausführung. Das ist ein Unterschied.
OK zugegeben, Victim Blaming ist hier der falsche Begriff und meine Aussage zu pauschal. Verharmlosung bzw. Ungleichbehandlung von Straftaten wäre der bessere Begriff.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Ich glaube nicht, dass DDF bei Rhandur irgendeine Handhabe hatten ;-) Ich habe ihn immer als gefährlichen Menschen wahrgenommen, der zum Schluss ZUM GLÜCK verduftet ist. Victim Blaming? Habe ich dort nicht entdecken können. Im Gegenteil, er mag zwar ein nachvollziehbares Motiv haben und zum Schluss sogar Gus bezahlt haben, aber nur, weil er dachte, dass es aufgrund des Fluches notwendig ist. Auf die Idee, Rhandur sympathisch zu machen, ist erst Marx gekommen...
Auch hier ist Victim Blaming zugegebenermaßen ein unpassender Ausdruck, mea culpa. Daran, dass Marx Rhandur sozusagen rehabilitiert hat, während Francis ihn im Hörspiel durch das Weglassen der Information, dass er Schwarzbart nicht getötet hat, noch gefährlicher erscheinen ließ, ist sicher etwas dran. Diese Tendenz, Figuren umzudeuten, beobachte ich aber nicht nur bei Marx. Insbesondere in Minningers "Die Spur der Toten" ist mir sauer aufgestoßen, wie nachsichtig Cliffwater insbesondere von Justus behandelt wird, obwohl dieser ihn ja einmal kaltblütig erschießen wollte. Was ja deinen Punkt bestätigt, dass in der Neuzeit Charaktere über Gebühr umgedeutet werden. Allerdings gab es auch schon bei den Klassikern je nach Autor charakterliche Unterschiede bei den wiederkehrenden Figuren. Ich verweise da z.B. auf Reynolds, der bei Mary Carey tendentiell als bärbeißige und missmutige Autoritätsfigur rüberkommt und weniger als väterlicher Freund wie etwa noch bei Robert Arthur.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Grant? Smarty Simpson? Verstehe ich nicht ganz, das Beispiel.
Charlie Grant, der Maskenbildner und Komplize von Terrill.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Terril? Naja, er hat in seinem eigenen Haus getan, was ihm beliebt, und DDF und andere sind schließlich freiwillig dorthin gegangen und sogar genau DESWEGEN. Freiheitsberaubung? Ja, den Punkt gab es tatsächlich öfter. Aber wir reden hier nicht von juristischen Definitionen, sondern von Helden und Schurken, meinetwegen auf moralischer Ebene. Also wieder: Kein Victim-Blaming. Ein Verbrechen ohne bleibende Schäden. Im Prinzip nur ein Theaterspiel. Wo hätte Terril denn da für etwas ernsthaft vor den Kadi gezerrt werden müssen? Ja, der Mitleidsbonus ist da, aber er deckt kein moralisches Verbrechen. Und Terril hat seine Verfehlungen ja durchaus eingesehen, anstatt sich selbst zu rechtfertigen. Genau wie Shelby.
Gut, in den USA ist die "my home is my castle"-Mentalität ausgeprägter als bei uns und manifestiert sich u.a. ja auch in der Doktrin, dass man dort m.W. Einbrecher auf dem eigenen Grundstück bei bloßem Verdacht der Gefährdung von Leib und Leben ohne Vorwarnung töten darf. Wobei das auch nicht uneingeschränkt gilt, zumindest erinnere ich mich an einen Fall, wo ein US-amerikanischer Hausbesitzer einen deutschen Austauschschüler erschossen hatte, nachdem jener versucht hatte,im Rahmen einer Mutprobe Alkohol aus dessen Garage zu stehlen. Der Hausbesitzer wurde daraufhin wegen mutwilligen Totschlags bzw. Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt, da er das Garagentor absichtlich offengelassen und Alkohol darin platziert hatte, um potentiellen Einbrechern eine tödliche Falle zu stellen: https://en.wikipedia.org/wiki/Killing_of_Diren_Dede Ähnlich könnte man bei Terrill argumentieren, er habe mit dem Spuk absichtlich neugierige Lost-Place-Sucher wie die drei ??? angelockt und sie damit erst zum Einbrechen animiert. Die darauffolgende Freiheitsberaubung wäre dann als unverhältnismäßig zu erachten, zumal sie ja nicht dazu diente, DDF der Polizei zu übergeben, sondern nur der persönlichen Belustigung.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08 DDF betrieb also mehr oder weniger schon immer eine Art Täter/Opfer-Umkehr oder zumindest Ungleichbehandlung
Was ja schonmal zwei ganz verschiedene Sachen sind und das "schon immer" ziehe ich in Zweifel :-)
Touché. Einigen wir uns auf Ungleichbehandlung, und die gab es mMn. von Anfang an, zumindest fallübergreifend.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Frank di Stefano hat geschrieben: 22.04.2024, 10:08 Auf der anderen Seite werden der vom Schicksal hart getroffene Erpresser Hancock im Giftigen Wasser oder der ebenfalls bemitleidenswerte Mr Callows in der gefährlichen Erbschaft wie Schwerverbrecher behandelt.
Weil sie es sind. Sie haben Straftaten wirklich begangen. Gut, die Geschichte in Giftiges Wasser ist mir momentan nicht komplett präsent. Und BJHW zähle ich teils auch zu den dubioseren Darstellungen, da würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Man kann aber kaum von Victim Blaming reden, wenn jemand loszieht, und die Stadt erpresst, das Trinkwasser zu vergiften. Opfer hin oder her, sowas ist schon eine erhebliche Straftat.
Gut, Hancock hat sich zumindest der versuchten Erpressung strafbar gemacht, Schwerverbrecher möchte ich aber verneinen, zumal er ja nicht vorhatte die Drohung in die Tat umzusetzen und die Tat auch nicht aus niedrigen Beweggründen beging. Aber was hat sich denn Callow zu Schulden kommen lassen? Das Testament war öffentlich und gab vor, dass derjenige, der das Rätsel löst und das Erbe als erster findet, es auch behalten darf. In Dingos Vermächtnis stand dabei nirgends, dass er dabei mit DDF oder mit den Townes zusammenarbeiten muss. Gut, die kurzzeitige Freiheitsberaubung von Minderjährigen (im Buch) ist durchaus strafwürdig. Aber deswegen gleich Schwerverbrecher, zumal Terrill und Grant für das gleiche Delikt davonkamen?
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Ich habe gerade das Buch nicht mehr im Kopf... allerdings wird Skinny in den Klassikern nirgendwo gerechtfertigt und sogar mit Kadettenanstalt bestraft.
Aber erst am Ende vom Aztekenschwert. In der Erbschaft und auch im Gespensterschloss, wo er ja ebenfalls das Leben von zwei der drei ??? mutwillig aufs Spiel setzt, kommt er ungeschoren davon und die drei kommen auch gar nicht auf die Idee, ihn dafür anzuzeigen. Verstehe zwar, dass es für die Funktion als Gegenspieler (wie auch bei Hugenay) notwendig war, dass er regelmäßig davonkommt, der mangelnde Ehrgeiz vonseiten DDF, ihm ein für alle Mal das Handwerk zu legen, ist aber unglaubwürdig und inkonsequent.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
...und Justus hatte die Polizei gerufen, um Hugenay zu verhaften, der sich nur durch seine Geschicklichkeit entziehen konnte. Die moralischen Psychospielchen und Hugenay-Verklärungen kommen erst bei André Marx vor.
Immerhin konsequenter als bei Skinny.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Nun, ich begegne auch manchen Leuten einer Gruppe anders als anderen der gleichen Gruppe ;-) Das kommt ja zunächst mal auch auf den jeweiligen Kontext an. Bei TKKG sind wie gesagt auch nie die Bücher außer Acht zu lassen. Aber ja, bei TKKG gab es durchaus hier und da mal Widersprüche. Allerdings nie so, dass sie den Helden- oder Schurkenstatus innerhalb einer Geschichte umgedeutet hätten. Soweit ich mich entsinne.
Natürlich ist es immer ratsam, sich das Buch vorzunehmen. Gebe zu, dass meine letzte TKKG-Lektüre schon mehr als ein Jahrzehnt zurückliegt. Dass bei den Messerangriff in TKKG 19 und der Rotweindusche in TKKG 37 Notwehr berechtigt wäre, stelle ich auch nicht in Abrede. Ob diese dann allerdings verhältnismäßig ausfiel, sei dahingestellt. Was ich aber schlimmer finde, ist die pauschale Herabwürdigung der jeweiligen Randgruppen durch die Protagonisten (sinngemäß “Mit Zigeunern geben wir uns doch nicht ab” und “Wegen der Penner haben die Vögel im Park aufgehört zu singen”). Oder wurden diese Schmähungen TKKG erst von Francis in den Mund gelegt? (Kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen.)
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Da stimme ich zu; Ersetzungen von Begriffen wie "Zigeuner" aus Gründen politischer Korrektheit mal außen vor gelassen. Aber davon abgesehen sehe ich auch eher die persönliche Weltsicht der Autoren hinter solchen Fällen und keine geplante politische Agenda. Gut, wenn man sich überlegt, dass manche Verlage schon keine Winnetou-Kinderbücher mehr drucken wollen, weil das Wort "Indianer" vorkommt...
Wortersetzungen betrachte ich im Hinblick auf die Euphemismus-Tretmühle auch nicht als zielführend. Aber immer noch besser als eine Verbannung des kompletten Werks. Am besten fände ich es aber, wenn Pauschalisierungen widersprochen würde, vor allem wenn sie von den Protagonisten selbst kommen. Und gegen nachträgliche Fußnoten und sonstige Anmerkungen hätte ich auch nichts, wobei diese bei Hörspielen und Filmen natürlich eher schwierig umzusetzen wären, ohne den Handlungsfluss zu stören. Vorworte bzw. Disclaimer sind da schon eher geeignet, allerdings sollten diese schon etwas differenzierter sein als “Dieses Hörspiel ist ein Produkt seiner Zeit…Weitere Informationen finden Sie auf europa-kinderwelt.de/erwachsene.”

Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Es finden sich sehr häufig tatsächlich ausgeführte Verbrechen, die dann dadurch "gerechtfertigt" werden, dass andere ja noch viel schlimmere Verbrechen begangen haben (sollen). Wenn das keine Täter-Opfer-Umkehr und kein Victim-Blaming sind, weiß ich es auch nicht. Von der absichtlichen Verhunzung eines Charakters wie Kenneth mal ganz abgesehen. Wieso zum Teufel sollte er ein Brautpaar als Puppen in der Scheune am Hals aufhängen? Wer denkt sich so einen Stuss aus? Und vor allem, warum?
Da ist was dran. Ich würde hier zumindest von Whataboutismus sprechen. Wäre es aber nicht auch Whataboutism, zu fordern, dass Kenneths Körperverletzung ungestraft bleibt, weil die anderen schließlich auch Dreck am Stecken haben? Was ist schlimmer, Betrug und bereits geahndete Freiheitsberaubung infolge drogeninduzierter Psychosen oder im Affekt ausgeübte physische Gewalt? Das Urteil sollten DDF und die Polizei doch hier lieber der Justiz überlassen. Genau für diese juristische Klärung gab es ja früher das Schlussgespräch oder Nachwort mit Hitchcock. So etwas in der Art würde ich mir auch für die Neuzeit wünschen (Treffen mit Inspektor Cotta?).
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52
Naja, es ist kein Geheimnis, dass man besonders in Marx' Büchern bzgl. solcher moralischer Verdrehungen fündig wird. Nicht in allen, aber in zu vielen.
Nicht nur der von dir so gescholtene Marx, sondern wie gesagt auch Minninger neigt zu moralischen und charakterlichen Verdrehungen. Mit dem Unterschied, dass er es gefühlt meist mit seinen eigenen Charakteren macht. Jack Cliffwater hatte ich ja schon genannt, aber insbesondere Clarissa Franklin wurde mit der Zeit zu einer grotesken Karikatur. Hinzu kommen auch bei anderen Autoren fragwürdige Einstellungen der Protagonisten zu eigenen Gesetzesverstößen (Höhepunkt: Erlhoffs Straße des Grauens), wobei ja schon in den Klassikern Hausfriedensbruch als legitimes Ermittlungswerkzeug angesehen wurde. Kudos gehen deswegen an Astrid Vollenbruch, die in Schwarze Madonna m.W. erstmalig die drei ??? mit ernsthaften rechtlichen Konsequenzen für einen begangenen Einbruch konfrontierte.
Zuletzt geändert von Frank di Stefano am 23.04.2024, 15:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Jamie Allison »

Scheiß in'n Teich, was ist mir jetzt schon wieder entgangen ...? :-D

Erst mal muss angemerkt werden, dass eine gewisse Täter-Opfer-Umkehr durchaus ein Merkmal neuerer DDF-Folgen ist, und dass das einen gewissen Jamie Allison massiv ärgert. Ein relativ junges Beispiel wäre der "Jadekönig". Ich war beim ersten Anhören derart stinkig, dass ich sogar nachgeguckt habe, welche Strafe man in CA für Brandstiftung bekommt. Kleiner Tipp: Eine einfach Geldstrafe ist es nicht.

Das war für mich ein Beispiel dafür, wie jemand mit einem blauen Auge davonkommt, weil er/sie nicht der Bösi McEvil der Folge ist. Das ist für mich nicht annähernd mit Mr. Shelby oder Stephan Terrill gleichzusetzen.

Kleine Anmerkung zu "My home is my castle", die ich so oft wiederholen muss, dass es mich inzwischen nur noch langweilt, aber immer notwendig sein wird, weil "Almans" es nicht raffen: In den USA ist das Waffenrecht Sache der Bundesstaaten! Da gibt es Staaten wie Kalifornien, New York oder Florida, in denen der Waffenbesitz mindestens genauso streng geregelt wird wie in Deutschland, während es dem Klischee entsprechende Staaten wie Texas, Utah und Idaho gibt. Es gibt nicht "das" amerikanische Recht.

Das Thema "political correctness" finde ich auch langsam ermüdend. Macht es wie ich und fahrt nach Ungarn, Rumänien oder Serbien. Dann möchte ich detallierte Berichte über eure Erfahrungen mit Roma hören.

TKKG: Rolf Kalmuczak a.k.a. Stefan Wolf hat die Charaktere nicht selbst erdacht. Und selbst wenn, so hat er das Bestmögliche daraus gemacht.

5F: Dürfen wir kurz anmerken, dass der erste Band 1942 erschien? In dem Jahr gab es ohne Ende Roma-Flüchtlinge nach GB, in den USA gab es auch Jahrzehnte später noch Mischehenverbote, vor allem in den Südstaaten (und auch bei Erscheinung der ersten DDF-Bände in den 1960ern noch), und was in Mitteleuropa abging, muss ich hoffentlich niemandem erklären.

(Sorry, da kommt gerade Jamies kleiner innerer Historiker durch ... ;-) )
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Frank di Stefano »

Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Scheiß in'n Teich, was ist mir jetzt schon wieder entgangen ...? :-D
Dir auch einen wunderschönen Dienstagnachmittag! :-D
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Erst mal muss angemerkt werden, dass eine gewisse Täter-Opfer-Umkehr durchaus ein Merkmal neuerer DDF-Folgen ist, und dass das einen gewissen Jamie Allison massiv ärgert. Ein relativ junges Beispiel wäre der "Jadekönig". Ich war beim ersten Anhören derart stinkig, dass ich sogar nachgeguckt habe, welche Strafe man in CA für Brandstiftung bekommt. Kleiner Tipp: Eine einfach Geldstrafe ist es nicht.
Eine Freiheitsstrafe in Höhe der Folgennummer in Jahren? (Stinkig war ich übrigens auch bei der Brandstiftungsszene im Jadekönig, weil die im Vergleich zu früheren Folgen ziemlich lahm inszeniert wurde.) :::einschlafen:::
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Das war für mich ein Beispiel dafür, wie jemand mit einem blauen Auge davonkommt, weil er/sie nicht der Bösi McEvil der Folge ist. Das ist für mich nicht annähernd mit Mr. Shelby oder Stephan Terrill gleichzusetzen.
Wieviel Jahre kalifornisches Zuchthaus gibt's denn in Summe für mehrfache Hundeentführung, versuchten Bankraub und Freiheitsberaubung Minderjähriger? :::OOo:::
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Kleine Anmerkung zu "My home is my castle", die ich so oft wiederholen muss, dass es mich inzwischen nur noch langweilt, aber immer notwendig sein wird, weil "Almans" es nicht raffen: In den USA ist das Waffenrecht Sache der Bundesstaaten! Da gibt es Staaten wie Kalifornien, New York oder Florida, in denen der Waffenbesitz mindestens genauso streng geregelt wird wie in Deutschland, während es dem Klischee entsprechende Staaten wie Texas, Utah und Idaho gibt. Es gibt nicht "das" amerikanische Recht.
Fällt unter dieses strenge kalifornische Waffenrecht nicht auch die Harpune, mit der Shelbys Gehilfen die drei ??? bedrohten oder das Messer von Terrill? :::???:::
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Das Thema "political correctness" finde ich auch langsam ermüdend. Macht es wie ich und fahrt nach Ungarn, Rumänien oder Serbien. Dann möchte ich detallierte Berichte über eure Erfahrungen mit Roma hören.
Welche Erfahrungen hast du denn in Ungarn, Rumänien und Serbien gemacht, wenn ich fragen darf? Ich war leider noch nie in den genannten Ländern, allerdings kenne ich den Vorsitzenden des Vereins der Sinti in Stuttgart und in Tübingen mehrere Cigani nordmazedonischer Herkunft (jeweilige Selbstbezeichnung). Und das sind durchweg freundliche Menschen, was man generell von den alemannischen Ureinwohnern nicht unbedingt sagen kann. :::_N_:::
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 TKKG: Rolf Kalmuczak a.k.a. Stefan Wolf hat die Charaktere nicht selbst erdacht. Und selbst wenn, so hat er das Bestmögliche daraus gemacht.
Dass er sie von einem anderen Autoren übernommen hätte, wäre mir neu. Oder meinst du, er habe sie in der Tradition Gerhard Polts (fast) aus dem richtigen Leben gegriffen? ;-)
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 5F: Dürfen wir kurz anmerken, dass der erste Band 1942 erschien? In dem Jahr gab es ohne Ende Roma-Flüchtlinge nach GB, in den USA gab es auch Jahrzehnte später noch Mischehenverbote, vor allem in den Südstaaten (und auch bei Erscheinung der ersten DDF-Bände in den 1960ern noch), und was in Mitteleuropa abging, muss ich hoffentlich niemandem erklären.
Danke, das ist genau der zeitliche Kontext, der mich interessiert und der gern in Vorwörtern oder Fußnoten aufgegriffen werden könnte. :::daumenhoch:::
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 (Sorry, da kommt gerade Jamies kleiner innerer Historiker durch ... ;-) )
Hast du denn schon einmal darangedacht, dich bei Kosmos oder einem anderen Verlag als Lektor zu bewerben? Oder es deinem Fachkollegen Rodenwald gleichzutun und eigene Sekundärliteratur zu den drei ??? veröffentlichen? :-)
Zuletzt geändert von Frank di Stefano am 23.04.2024, 17:00, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von danielcc »

Puh, hier wird vieles angesprochen aber teilweise auch verschiedenen Dinge in einen Topf geworfen. Ich lasse jetzt mal all das Täter/Opfer Umkehr außen vor, und gehe auf andere Aspekte des ersten Posts ein:

Ich finde, wir leben in einer wahnsinnig weich gespülten Welt, in der wir so tun als seien alle gleich oder müssten gleich gemacht werden, Ecken und Kanten sind möglichst nicht erlaubt. Top Leistungen werden nicht gewürdigt sondern beneidet, und müssen dann auf Normal-Maß heruntergeregelt werden. Das Mittelmaß gibt den Ton an, jeder der mehr will, wird eingebremst. Jeder muss möglichst politisch korrekt sein, bis zur Aufgabe jeder authentischen Charakteristik.
In diesem Zusammenhang sehe ich die heute ggf. verbreitete kritische Sicht auf Tarzan oder Justus (und da ich großer Fan bin erwähne ich hier auch gerne die Veränderungen an der Figur James Bond,...).

- Justus dick? Darf nicht sein. Er darf dann gerade noch etwas pausbäckig sein was aber auch niemand erwähnend darf. Wäre ja body shaming
- Justus klüger als andere? Darf nicht sein, andere müssen auch mal Fälle lösen, und wenn Justus dann bitte nicht mit altklugen Erläuterungen.
- Tarzan stark und überlegen? Darf nicht sein, man muss doch reden bevor man zuschlägt


Man kann das alles machen. Ich glaube nur nicht, dass es Kindern hilft wenn man alles gleich macht, für jeden Verständnis hat, und niemand mehr (wenn auch auf unrealistische Weise) aus der Menge hervor sticht.

Noch schlimmer ist eigentlich, dass niemand diese Entwicklung wirklich will, sondern nur von schon erwachsenen Gutmenschen der Gesellschaft aufgezwungen wird, die denken dass sie sich für irgendwen einsetzen müssen.

Das war mein Wort zum politischen Aschermittwoch :-)
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Jamie Allison »

@Frank Obladi, oblada! Genau so muss ein Dienstagnachmittag ablaufen. :-D

Harpunen sind in Kalifornien prinzipiell legal, wenn auch eher zum Fischen. ;-)

Kalifornien ist einer von 15 Bundesstaaten, in denen der Diebstahl von Haustieren gesondert als Verbrechen gilt, im Gegensatz zu allen anderen bzw. Deutschland, wo Tiere rechtlich als Sache gelten.

Meine Erfahrungen in Balkanländern sind gemischt. Da hatte ich von freundlichen Konversationen bis zu versuchtem Raub alles Mögliche. Selbiges hatte ich auch schon in Deutschland, wobei hier glasklar Ersteres überwogen hat. ("Warum lernt man freiwillig Serbisch?" - "Damit ich mich in meiner eigenen Heimatstadt verständigen kann, du doof!" ;-) ) Man kann also nie alle über einen Kamm scheren.

Eine gewisse historische Einordnung ist immer wichtig. :-) Je nachdem, inwieweit man es dem Leser zumuten kann, sind entsprechende Anmerkungen in Vorwörtern oder Fußnoten nicht unbedingt verkehrt.

Rodenwalds DDF-Welt ist gut genug, da muss ich nicht auch noch 'nen Roman schreiben. ;-)

@Daniel: Ich denke, dem ist nichts mehr hinzuzufügen. :-)
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Zuerst mal: Danke an euch alle, für eure interessanten Antworten und Gedanken zum Thema :-)

Ich finde es immer schwierig, wenn Diskussionen so zerfasern, den Faden noch weiterzuspinnen, ohne dabei einen halben Roman mit etlichen Zitaten schreiben zu müssen, der dann mitunter gar nicht mehr gelesen, sondern nur noch pauschal abgewatscht wird... ABER ich muss sagen, das ist hier nicht der Fall; ich habe hier bisher nur interessante Denkansätze gelesen ...:...

Ab einem gewissen Punkt kann man dann auch einfach von unterschiedlichen Sichtweisen reden und es so stehen lassen, damit jeder Leser sich das Entsprechende selbst raussuchen kann :::OxO:::

@Frank di Stefano
Ich habe deine Antworten gerne gelesen, selbst wenn wir in einigen Punkten unterschiedlicher Meinung sind. Aber auf diese Weise nehme ich das gerne als Gedankenanstoß auf :-)

Zu einigen einzelnen Punkten möchte ich noch etwas sagen bzw. meine Meinung nochmal präzisieren, aber ansonsten kann ich es als Gegendarstellung gerne so stehenlassen :::OxO:::

Generell hat mein persönlicher Betrachtungsmaßstab nichts mit juristischen Erwägungen zu tun. Was wie bestraft und geahndet wird oder nicht, ist mir ziemlich egal. Ich vermute mal, dem jungen Leser ebenfalls. Mir geht es um den "moralischen Helden" in Kinderbüchern, der "das Gute" tut, den "Schurken" besiegt und den Tag rettet. Deswegen ist es mir z.B. völlig egal, ob DDF mal irgendwo einbrechen und ob das verboten ist ;-) Wer Moral mit Gesetzestreue gleichsetzt, dürfte damit evtl. ein Problem haben. Für mich ist das schon etwas ganz anderes, auch wenn es in vielen Fällen kongruiert. Aber was hat man als Kind nicht alles angestellt?

Um gleich dem Tricia-Gegenargument zuvorzukommen: Was mich da stört, ist nicht, dass sie etwas gegen das Gesetz tut (was ja auch richtig sein könnte)... sondern, dass sie konkret per Betrug Polizistin sein will, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen, aber gleichzeitig bei Kenneth das Gesetz bis auf's i-Tüpfelchen mit aller Kälte und Härte VORAUSEILEND geltend machen will, und ihm EIN SCHLECHTES GEWISSEN einreden will. Wer so abkanzelt, muss selbst eine Weste haben, die so weiß ist, dass es wehtut. Der eigene Verlobte... Das ist eine moralische Bankrotterklärung und zeigt, was für ein Mensch sie ist bzw. was eine Beziehung mit ihr bedeuten würde. Auch wenn man das so verstehen könnte, es geht mir gar nicht darum, dass Kenneth ohne Ärger aus der Sache herauskommt. Aber nicht SO. Und es stellt sich mir immer die Frage, warum wollte Marx die lang ersehnte Rückkehr von P&K ausgerechnet SO gestalten? Deswegen "schelte" ich ihn halt gerne.
Frank di Stefano hat geschrieben: 23.04.2024, 11:56Verharmlosung bzw. Ungleichbehandlung von Straftaten wäre der bessere Begriff.
Ja, Verharmlosung könnte greifen, aber nur, wenn das Verbrechen nicht bereits harmlos ist ;-) Rein juristisch betrachtet kann man da natürlich Konflikte aufzeigen, die ich persönlich aber so nicht sehe.

Und unter Ungleichbehandlung verstehe ich prinzipiell nichts Schlechtes. In Einzelfällen kann es da natürlich zu Ungerechtigkeiten kommen. Allerdings habe ich diese in den alten Folgen nicht gefunden. Und wenn, dann bleibt trotzdem zumindest der allgemeine Trend einer starken Zunahme in neueren Folgen.

Was Freiheitsberaubung angeht: Diese sehe ich gerade im Kontext der Entstehungszeit nicht so eng; wir erinnern uns, stattdessen hätten die Kinder den Regeln der damaligen Zeit entsprechend auch ständig verprügelt werden können. Da finde ich das Einsperren schon eine kinderbuchkonformere Lösung.

Wo ich dir Recht gebe, ist die Sache mit der Bedrohung durch tödliche Waffen. Nicht bei Terril, der hat ja nur martialisch im Garten gearbeitet :-D

Aber mir war nie wohl dabei, wie einfach De Groot in den Bildern davonkommt, nachdem er die Kinder mit seinem Messer wirklich ÜBEL bedroht hat. Das war durchaus mehr, als nur eine Pistole zu ziehen. Allerdings fiel das für mich noch in einen Graubereich, der meiner Einschätzung nach in manchen neueren Folgen sehr weit überschritten wird.
Frank di Stefano hat geschrieben: 23.04.2024, 11:56 Charlie Grant, der Maskenbildner und Komplize von Terrill.
Ach so, da hatte ich einen kurzen Blackout :-D
Frank di Stefano hat geschrieben: 23.04.2024, 11:56 Gut, Hancock hat sich zumindest der versuchten Erpressung strafbar gemacht, Schwerverbrecher möchte ich aber verneinen, zumal er ja nicht vorhatte die Drohung in die Tat umzusetzen und die Tat auch nicht aus niedrigen Beweggründen beging. Aber was hat sich denn Callow zu Schulden kommen lassen? Das Testament war öffentlich und gab vor, dass derjenige, der das Rätsel löst und das Erbe als erster findet, es auch behalten darf. In Dingos Vermächtnis stand dabei nirgends, dass er dabei mit DDF oder mit den Townes zusammenarbeiten muss. Gut, die kurzzeitige Freiheitsberaubung von Minderjährigen (im Buch) ist durchaus strafwürdig. Aber deswegen gleich Schwerverbrecher, zumal Terrill und Grant für das gleiche Delikt davonkamen?
Naja, gut. Bis auf die oben genannten Einschränkungen, ein solider Punkt.
Frank di Stefano hat geschrieben: 23.04.2024, 11:56 Immerhin konsequenter als bei Skinny.
Skinny sehe ich als den nervigen Störenfried aus der Nachbarschaft, den wohl jeder kennt. Manchmal zeigt man ihn sogar an, aber nur, wenn es wirklich eskaliert ist. Bei der Wasserfallszene war der Faden eigentlich überspannt, ja. Ich sehe das aber nicht als Problem von DDF an, sondern eher als guten Charakterzug, ihn damit durchkommen zu lassen. Allerdings hat Arden es ja selbst später eingesehen und Skinny zur Rechenschaft gezogen.
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52Was ich aber schlimmer finde, ist die pauschale Herabwürdigung der jeweiligen Randgruppen durch die Protagonisten (sinngemäß “Mit Zigeunern geben wir uns doch nicht ab” und “Wegen der Penner haben die Vögel im Park aufgehört zu singen”).
Das war manchmal hart an der Grenze, ja. Aber Zeitgeist, Figurensprache und auch Realität sollte man dabei nicht vergessen. Es gab damals durchaus Zigeuner, denen man als Otto-Normalo besser aus dem Weg ging. So ein Ruf kommt ja auch nicht von NICHTS. Genauso, wie man nicht einfach in eine Rockergruppe hineinlatscht. Das war ganz konkrete Vorsicht und dabei hat niemand an Diskriminierung gedacht. Früher zumindest. Heute gibt es andere Probleme.

Und nein, natürlich SOLLTE man sowas, gerade heute, nicht auf eine ganze Gruppe von Menschen pauschal übertragen. Ich sehe allerdings auch wieder Unterschiede zwischen Vorurteil und Diskriminierung... Und die Überwindung von Vorurteilen gab es bei TKKG auch oft, z.B. Tarzan im "Eulenforst".
Perry Clifton hat geschrieben: 22.04.2024, 18:52 Nicht nur der von dir so gescholtene Marx, sondern wie gesagt auch Minninger neigt zu moralischen und charakterlichen Verdrehungen. Mit dem Unterschied, dass er es gefühlt meist mit seinen eigenen Charakteren macht.
Ja, das stimmt. Ich könnte Minninger auch mal öfter kritisieren :-D


@JamieAllison
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Erst mal muss angemerkt werden, dass eine gewisse Täter-Opfer-Umkehr durchaus ein Merkmal neuerer DDF-Folgen ist, und dass das einen gewissen Jamie Allison massiv ärgert. Ein relativ junges Beispiel wäre der "Jadekönig".
Sehe ich auch so.
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 Das Thema "political correctness" finde ich auch langsam ermüdend. Macht es wie ich und fahrt nach Ungarn, Rumänien oder Serbien. Dann möchte ich detallierte Berichte über eure Erfahrungen mit Roma hören.
Phew :::seltsamer wecker:::

Das habe ich schon oft gedacht, aber nie geschrieben ;-) Es ist aber wahr und ich unterstütze diese Aussage. Manchmal muss man einfach mal auf dem Boden der Tatsachen bleiben.

ABER natürlich sollte man nicht alle aus den jeweiligen Gruppen über den gleichen Kamm scheren. Und das tut man auch nicht, indem man real existierende Zustände benennt. Und natürlich sind diese nicht mit allen Angehörigen der Sinti und Roma gleichzusetzen, und wohl auch nicht mit dem überwiegenden Teil von ihnen :-) Hierzulande sowieso nicht. Aber auch das war früher mitunter anders, wie ich aus Geschichten aus meiner eigenen Heimatregion weiß. Mit solchen Bildern im Kopf ist dann die Darstellung eines couragierten Zigeunermädchens bei Enid Blyton als Heldin zum Beispiel dann doch schon für die Zeit sehr lobenswert?
Jamie Allison hat geschrieben: 23.04.2024, 14:46 (Sorry, da kommt gerade Jamies kleiner innerer Historiker durch ... ;-) )
Ein bisschen geschichtlicher Hintergrund kann nie schaden :-)

Ich bin sicher, manche Leute haben von den Zigeunern Mitte des letzten Jahrhunderts eher ein Bild wie im Mittelalter im Kopf. Ich fand da den Film "Der Zigeuner" mit Alain Delon persönlich ziemlich aufschlussreich bzgl. Lebensumständen usw. (Auch wenn das natürlich ein FILM war, das ist mir bewusst).

@danielcc
Stimme dir in allem zu ...:...

Puh, jetzt ist das doch wieder so ein langer Beitrag geworden... ^////^ :::yHy:::
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Jamie Allison »

Um es nochmals zu betonen, bevor ich wieder die Sau vom Dienst bin ... ;-) Die allermeisten Sinti, Roma, Jenischen etc. dürften vollkommen in Ordnung sein. Dass es Ausnahmen gibt, habe ich am eigenen Leibe erlebt, allerdings gehe ich davon aus, dass meine positiven Erfahrungen eher der Regelfall sind. Sicherlich gibt es da gewisse Unterschiede zwischen Mitteleuropa und dem Balkan, aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass es Leute, die sich aufführen wie Rotz am Ärmel, in JEDER Volksgruppe gibt. (Schon mal im Auslandsurlaub Deutsche, Briten oder Russen erlebt? Meine Fresse ...) Im letzten Jahrhundert war diese Sichtweise eher wenig verbreitet, und Romane aus dieser Zeit reflektieren dies. Jo bei den 5F dürfte da ebenso eine rühmliche Ausnahme sein, hinsichtlich ihrer Darstellung. In der Tat wurden Cigani oft noch ähnlich angesehen wie in früheren Jahrhunderten; gerade in Balkanländern werden sie es auch heute noch (wie gesagt, eigene Erfahrung).

Gesetz vs. Moral: Ja, nicht alle Gesetze erfüllen den Sinn, den sie eigentlich haben sollten. Klar, streng betrachtet müsste ich DDF dafür kritisieren, dass sie sich ab und an mal Zutritt verschaffen. Aber ich sehe einen gewaltigen Unterschied, ob man mal seinen Dietrich sprechen lässt, oder ob man mal eben ein Haus abfackelt. Dass Ersteres gefühlt ständig kritisiert wird, Letzteres aber kaum, finde ich persönlich sehr bedenklich.

Vorurteile? Die sehe ich eher gegenüber TKKG als Serie. ;-) Noch nie "Angst in der 9A" gehört? Die Folge ist ja wohl ein Paradebeispiel. TKKG setzen sich dort aktiv für die Gastarbeiterkinder ein. "Eulenforst" wurde genannt. "Die Gehilfen des Terrors" zeigt, wie TKKG einen afrikanischen Flüchtling beschützen, der von Neonazis terrorisiert wird. Und was DDF betrifft: Carlos und Onkel Ramos? Chris Markos? Famlie Álvaro? Ian Carew? Ich bin mir ziemlich sicher, selbst die radikalsten Anhänger des Civil Rights Movement hätten da zur damaligen Zeit wenig zu beanstanden gehabt. :-)
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Re: Kritisierte Helden - Entschuldigte Schurken

Beitrag von Perry Clifton »

Jamie Allison hat geschrieben: 25.04.2024, 12:52 Vorurteile? Die sehe ich eher gegenüber TKKG als Serie. ;-)
Und vor allen Dingen immer die gleichen... manchmal Wort für Wort... :::_N_:::
Jamie Allison hat geschrieben: 25.04.2024, 12:52Noch nie "Angst in der 9A" gehört?
Eine meiner Lieblingsfolgen ...:...

Auch die Tom-und-Locke-Folge "Flammen um Mitternacht" nicht zu vergessen :-)
Jamie Allison hat geschrieben: 25.04.2024, 12:52Carlos und Onkel Ramos? Chris Markos? Famlie Álvaro? Ian Carew?
Einzelfälle! :-D ;-)

Ich bin so froh, dass bei den neuen He-Man-Hörspielen ALTE Geschichten umgesetzt werden... :::warm::: :::DD:::
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