Das. War. Gut.
Wo fange ich am besten an... erstmal mit den Zweifeln. Die Nostalgie-Editionen, ist das sinnvoll, alte Ideen nochmal auszuschlachten? Kann dabei viel rauskommen? Hat der schreiende Zug nicht gezeigt, dass das mehr schlecht als recht funktioniert? Im Prinzip schon... aber: Black Mesa
Nein, ernsthaft, das Review wäre fast zweigeteilt gewesen, eine Beurteilung der oben genannten Vorgehensweise und andererseits eine von Rodenwald als Autor. Allerdings hat sich im Laufe des Lesens dann doch alles wunderbar zusammengefügt und so ist es nun, aus einem Guss, eine klare 1.
Der Reihe nach. Rodenwald schreibt sehr gut; der Stil erinnert an die Klassiker-Bücher. Eine nüchternde und sachliche (aber keineswegs herzlose, wie woanders moniert!) Erzählweise. Ab und zu gibt es hier und da mal noch Kleinigkeiten, wo man merkt, dass es sein erstes Prosa-Buch ist. Aber ich bin sicher, das würde sich bei Buch 2 und 3 spätestens erledigt haben, sollte er mit dem Schreiben von DDF-Geschichten weitermachen (und das sollte er definitiv!

)
Es gibt auch viele Anspielungen auf DDF-Klassiker und Markenzeichen sowie auch auf Karl May und anderes. Aber niemals aufdringlich, sondern immer passend. (Bei Dick Parker und Will Stone sowie Bancroft musste ich fast laut lachen; hatte Spaß

)
Schreibstil und Anspielungen sowie Verzicht auf moderne Elemente reihen den Band nahtlos zwischen den anderen Klassikern ein. Schön zum Beispiel auch die Stellen, wo in Büchern recherchiert wird... und vieles mehr.
Ist das Buch an sich aber nun genau so gut wie ein Klassiker? Nun, vielleicht nicht ganz, nein. Aber es ist verdammt nah dran. Zu einzelnen Schwächen gleich mehr. Allerdings ist das Buch etwas viel besseres: Es ist ein neues Buch im Geist der alten Bücher. Und das ist wesentlich vielversprechender. Was meine ich damit? Nun, zunächst mal werden Klassikerversatzstücke zwar hier und da benutzt... aber nicht wie bei anderen Autoren als Copy/Paste Puzzleteile, sondern in cleverer Weise als Zutaten in einem "neuen Eintopf" um mal eine Formulierung von einem anderen User zu klauen

Lichtsignale, Kompass... nunja, selbst lesen
Wo ist nun aber der Haken? Rodenwald schreibt also super, ich würde ihn aktuell als meinen liebsten DDF-Autoren bezeichnen (ja, nach nur einem Buch), wenn bei den Crimes nicht noch Evelyn Boyd dazukäme und FALLS er tatsächlich weitermachen sollte (bitte, bitte!). Aber es gibt auch hier und da was zu kritisieren.
Eine Kleinigkeit sind die Hitchcock Fingerzeige; wie in einem Podcast gesagt, sind sie etwas zu zahlreich und nicht immer inhaltlich sinnvoll. Allerdings sind Vorwort, Nachwort und die Fingerzeige AN SICH genial und werten das Ganze enorm auf. Man hört tatsächlich Pasettis Stimme beim Lesen und das ging mir bei anderen Büchern mit den Fingerzeigen aus den letzten Jahren nicht so. Aber hier: Ein paar weniger und alles gut.
Jetzt aber zu des Pudels Kern: Die Story. Ich bin mir relativ sicher, dass die Arden Idee eher dünn war. Das sage ich nur, weil ich es wirklich glaube nach dem Lesen, nicht, weil ich irgendetwas an Arden kritisieren möchte
Mit eher dünn meine ich aber nicht schlecht, nur halt auch nicht viel besser als die vom schreienden Zug, soweit sich das in der Rückschau schließen lässt. Nun hat Rodenwald sie aber erstens viel besser geschrieben und umgesetzt, als es beim ersten Nostalgie-Band der Fall war und zweitens merkt man gerade im letzten Drittel (das er selbst stärker geformt hat), dass die Story wesentlich an Fahrt aufnimmt und nochmal interessanter wird.
In den ersten zwei Dritteln ist sie jedoch keineswegs schlecht, im Gegenteil: DDF-Abenteuer-Atmo a la Teufelsberg, Silbermine und so weiter, und das so gut umgesetzt wie von niemandem sonst seither bei DDF mehr. Punkt. Genau das, was ich persönlich bei der Serie lesen will.
Wäre das so weitergegangen, hätte ich ihn als Autor zwar gelobt, die Idee mit der Outline-Fortführung aber separat kritisiert, weil es dann doch zu wenig hergibt. Es wäre ein reiner Nostalgietrip geworden, der wie bei Buch 1 wohl irgendwo auseinandergefallen wäre. Aber Rodenwald hat im letzten Drittel eben nicht die Zügel fahren lassen, sondern sie in die Hand genommen, um aus dem Ganzen ein rundum gelungenes Buch zu machen, dass ich im Kontext der aktuellen Serienphase nicht hoch genug loben kann. Und das mir darüber hinaus beim Lesen soviel Spaß und angenehme Atmo beschert hat, wie lange kein anderes DDF-Buch mehr. (Crimes sind ausgenommen).
Durch diese Aspekte also ist das Buch letztlich nicht nur eine Reminiszenz, sondern auch ein Weg in die Zukunft, falls man diesen denn gehen will
Ein paar konkretere inhaltliche Punkte, also ab hier (leichte) Spoiler:
Gayle ist ein cooler weiblicher Charakter. Ich fange gar nicht an, sie mit nervigen neueren Versuchen in der Richtung zu vergleichen. Nicht ganz so gut wie Allie Jamison, aber doch in der gleichen Liga. Ich könnte mir vorstellen, für manche sogar noch besser? Immerhin schnauzt sie niemanden bei einem Sturz vom Pferd an
Die Szene mit der Schusswaffe war krass; aber eine angedeutete Erklärung für dreimalige Fehlfunktion hätte ich begrüßt. Lag es am Wasser?
Die Art der Narkose... klar, kann man weglassen, aber auch hier wäre ein kleiner Hinweis ganz gut gewesen.
Was mich aber überzeugt hat, war die letztlich gegebene Backstory am Schluss, die Rodenwald gestrickt hat. Ich denke, Powder Gulch und Automafia hätten diesem Fall nicht nur nicht gut getan, sondern er wäre auch nicht so schön geworden, wie er es nun ist.
Der Bärenkopf hatte mir zwar gefallen, bestand aber letztlich aus Klassikerversatzstücken. Dieses hier hätte leicht eine etwas bessere Variante davon werden können, was an sich schon gut genug gewesen wäre. Aber so?
Herr Rodenwald, bitte weitermachen. Vielleicht sogar mit vollständig eigenen Ideen?
