Meine Rezension mit möglichen SPOILERN:
Ich war skeptisch, weil ich mit einem Mathilda-Fall erstmal prinzipiell wenig anfangen konnte und weil mir Kari Erlhoffs Stil mitunter nicht gefällt. Aber ich kann jetzt festhalten: Das Buch ist besser als ich gedacht hatte! Und es hat mir durchaus gefallen. Nicht so gut wie Mord unter Palmen, aber viel besser als vieles, was in der Hauptserie in letzter Zeit so abgeliefert wurde. Hier hat Erlhoff was Gutes vollbracht und die "Crimes"-Reihe startet somit insgesamt sehr erfolgreich. Ich freue mich auch auf die nächsten Bücher!
Die Story ist unterhaltsam, auch wenn mir der Hugenay-Fall letztlich mehr zusagt. Das liegt zum einen an der interessanteren Hauptfigur bzw. seiner Perspektive, zum anderen daran, dass Backwettbewerbe mich jetzt nicht so flashen
Aber der Kriminalfall an sich ist durchaus gelungen und schlüssig. Man muss sagen, dass die Geschichte einfach stringenter ist und viel mehr Sinn ergibt als so einige neue Folgen bei DDF. Hier läuft alles nachvollziehbar und logisch ab, sogar relativ einfallsreich.
Andererseits gibt es auch hier Probleme und die werde ich nacheinander ansprechen; das soll allerdings nicht den Eindruck vermitteln, dass diese das ganze Buch ausmachen. Ich war insgesamt durchaus zufrieden.
Aber: manchmal trägt Erlhoff hier zu dick auf. Gleich im ersten Satz heißt es "Dieses Provinznest würde ihn noch umbringen!" Ja, wird es dann ja auch... Ich weiß, manche mögen solche Anfänge. Ich nicht. Aber am deutlichsten wird sowas bei dem Anspielungsmarathon auf S.10:
"Irgendwo spielte jemand Mundharmonika - Die Erkennungsmelodie eines Filmklassikers."
Aha, denke ich, sie meint wohl 'Spiel mir das Lied vom Tod'. Cool.
"Die Noten wehten Unheil verkündend zu ihm hinauf und erzählten eine epische Geschichte von heißer Rache und eiskaltem Mord."
Okay, denke ich, sie meint definitiv 'Spiel mir das Lied vom Tod'.
Nächster Satz: "Eindeutig: Spiel mir das Lied vom Tod."
Ich: *seufz*
Zwei Sätze später: "Nun, manche pusteten für eine Handvoll Dollar in ein Stück Metall..."
Ich: *haut Kopf auf Tisch*
Und das ist halt die Sache bei Erlhoff: Anspielungen, Anspielungen auf Anspielungen, themenfremde Anspielungen auf themenverwandte Anspielungen... anderes Beispiel gefällig?
S.142: "Tee, Earl Grey, heiß."
Ich: "Neeeeeeeeein..."


Auch Fan-Anspielungen, wie die Bemerkung über das Sich-Nicht-Ausreden-Lassen-Wollen von Rocky Beach als Weltmetropole (S.14). Und zahlreiche Anspielungen auf DDF-Fälle. Gut, das hatte Evelyn Boyd auch und dort haben ich und andere es ebenfalls kritisiert. Aber das hat mir das Hugenay-Buch nicht verdorben und auch bei Erlhoff funktionierten zumindest ein paar der Rocky Beach Anspielungen ganz gut. Wenn sie nur nicht SOWIESO immer schon so viele Meta-Anspielungen drin hätte...
Mir fiel aber auch auf, dass das in gewissem Maße, zumindest bei den Crimes, nach einer Verlagsvorgabe durch KOSMOS aussieht. Wo bei Boyd ebenfalls Falltitel bzw. Gegenstände namentlich eingestreut wurden, gibt es auch hier einen "Ameisenmenschen". Völlig unnötig mit eingebaut (S.68). Zufall ist das nicht. Keine Ahnung, was der Verlag sich davon verspricht, aber die Bücher wären ohne sowas wesentlich besser. Auch treten Justus, Bob und Peter hier nicht auf, was den Mathilda Fall in dieser Hinsicht sogar besser macht als den Hugeney-Fall. Ein bisschen Unabhängigkeit von der Hautpserie darf es ruhig sein. Die Fälle sind ja auch anders und man muss da nicht DDF replizieren. So ist es dann im Gegenzug auch viel interessanter, wenn man wie hier mal ein bisschen von Mathildas und Titus' Leben mitbekommt und wenn Mathilda z.B. Justus' zweite Karte klaut... das habe ich übrigens nicht als Anspielungen eingeordnet, es war einfach sinnvoll und notwendig für die Geschichte.
Was die Erzählperspektive angeht, hat Boyd wieder die Nase vorn; ihr Hugeny liest sich einfach runder erzählt als Mathilda hier; Erlhoff fällt stellenweise doch etwas in das DDF-Erzählmuster zurück. Und dass Mathilda manchmal ein bisschen zur Action-Heldin oder gar zum Superhero mit "dem Blick" mutiert, ist nur in kleinen Dosen lustig; hier wurde es mir zuviel und schadete der Glaubwürdigkeit etwas. Wrestling-Mathilda... Hugenay hingegen hat geradezu ein neues Leben für mich durch Boyds Darstellung bekommen.
Andererseits hat Mathilda am Ende auch wieder viele Punkte gut gemacht, als sie die (Achtung: Spoiler im Spoiler!) Übeltäterin am liebsten mit einem Nudelholz verkloppt hätte!
Selbige war leider auch etwas schwach: Der Fall an sich hat zwar inklusive Auflösung gut funktioniert, aber die Täterin war dann quasi wieder jemand von der Sorte "Ich führe ein Therapiegespräch im Showdown, um mir erstmal alles von der Seele zu reden". Leider war ihr Problem dann hauptsächlich eine mangelnde Frauenquote...
Um noch auf Erlhoffs Eigenschaft einzugehen, die "Serienkunde" miteinander zu verbinden: Positiv anrechnen kann man ihr das zum Beispiel bei einigen Ortsbeschreibungen. Problematisch wird es hingegen bei den Nebenfiguren. Ich finde einfach nicht, dass man immer alte Figuren wieder auftauchen lassen muss, wenn sie gar keine Rolle mehr spielen und ihnen dann womöglich noch einen unpassenden Kontext verpasst. Zum Beispiel hier: Frankie Bender aus dem tanzenden Teufel tanzt jetzt Ballett (S.137). Muss das sein? Bereichert das die Serie oder ist es ihr nicht eigentlich nur abträglich?
Wenn hingegen Mrs. Andrews in einem Nebensatz beim Backwettbewerb erwähnt wird, wurde so eine Verbindung auf die meiner Meinung nach richtige Art hergestellt. Mr. Kastner kam ebenfalls vor und da wurde es dann imho wieder heikel, weil manche Figuren einfach an ihre Entstehungszeit gebunden sind und heute schlechter funktionieren.
Unterm Strich bleibt ein netter Cosy-Krimi, vielleicht nicht ganz so Cosy wie bei Boyd, ist ja schließlich Action-Erlhoff (keine Ursache

), aber alles in allem gut les- und genießbar.
Die Reihe kann gerne so weitergehen
Das gibt eine 2.